Immer mehr Hausarztpraxen beschäftigen sich mit der Frage: Lohnt es sich für unsere Praxis, Videosprechstunden als festen Bestandteil in unsere Praxisabläufe zu integrieren? Wir sprachen mit Frau Dr. med. Jana Henße, Geschäftsführerin und Inhaberin der PRIMEDUS GmbH, über die Pros und Cons digitaler Versorgung.
Frau Dr. Henße, immer mehr Hausarztpraxen denken darüber nach, Videosprechstunden in ihren Praxisablauf zu integrieren. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie aus ärztlicher Perspektive?
Die Telemedizin, insbesondere die Videosprechstunde, ermöglicht es, medizinische Leistungen trotz räumlicher Trennung anzubieten. Gerade im ländlichen Raum ist dies ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Versorgung, der in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird.
Wo sehen Sie die Vorteile von Videosprechstunden?
Videosprechstunden bieten eine Vielzahl von Vorteilen. Eine zentrale Stärke liegt in der Flexibilität, die sowohl für Patienten als auch für das Praxisteam von großem Nutzen ist. Durch die Möglichkeit der virtuellen Sprechstunde wird das Personal in der Praxis entlastet, was gerade zu Stoßzeiten als vorteilhaft empfunden wird. Auch der Patientenfluss wird verbessert, da die traditionellen “Check-ins” vor Ort entfallen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich das Praxisteam durch die Integration der Videosprechstunde verstärkt auf Kernaufgaben konzentrieren kann. Diese Entlastung wirkt sich nicht nur positiv auf die Effizienz der Arbeitsabläufe aus, sondern trägt auch zu einer Aufwertung des Arbeitsplatzes Arztpraxis und zu einer stärkeren Mitarbeiterbindung bei. Digitale Sprechstunden bieten zudem Mobilitätsvorteile und ermöglichen ärztlichem Personal die Nutzung moderner Arbeitsmodelle. Dies trägt nicht nur zur Flexibilität bei, sondern ermöglicht auch einen effizienteren Arzt-Patienten-Kontakt. Insgesamt bieten Videosprechstunden somit eine zeitgemäße und patientenorientierte Ergänzung zum traditionellen Praxisbetrieb.
Was sind Nachteile von Videosprechstunden?
Ein wesentliches Hindernis ist das erforderliche technische Verständnis. Auch ist die Implementierung von Videosprechstunden mit einem gewissen technischen Aufwand und einer funktionierenden Telematikinfrastruktur verbunden. Videosprechstunden sind nicht für alle Krankheitsbilder geeignet, insbesondere dann nicht, wenn eine körperliche Untersuchung erforderlich ist. Dies schränkt die Anwendbarkeit ein und stellt eine Herausforderung für eine umfassende Patientenversorgung dar. Sicherheitsrisiken stellen zudem eine Herausforderung dar, insbesondere wenn die Praxis-IT nicht ausreichend geschützt ist. Datenverlust und Cyberkriminalität können zunehmen, insbesondere in Kombination mit einer schwach implementierten Praxis-IT. Daher ist es wichtig, bei der Integration von Videosprechstunden in Praxisabläufe auch auf eine robuste IT-Sicherheit zu achten.
Wie beurteilen Sie den Faktor Wirtschaftlichkeit m Zusammenhang mit Videosprechstunden?
Bei gelegentlicher Nutzung lässt sich der Aufwand für die Implementierung und Vorhaltung der Videosprechstunde nur schwer wirtschaftlich positiv abbilden. Es bedarf also einer kritischen Masse an Videosprechstunden, damit Praxen damit wirtschaftliche Ergebnisse erzielen können.
Frau Dr. Henße, vielen Dank für das Gespräch.
BMC-Kongress 2024: Hörsaal-Session „Das Potenzial der digitalen Patientenversorgung am Beispiel des BARMER Teledoktors“
31. Januar 2024 |10:30–11:30 Uhr | Berlin
https://bmckongress.de/timetable/event/a5/
https://bmckongress.de/anmeldung/
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